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Kirche: Baugeschichte

Weihe der Kirche am Hohenzollernplatz am 19. März 1933

Die Weihe der Kirche Am Hohenzollernplatz am 19. März 1933

"Tausende nahmen teil. – Die Symbolik des Bauwerkes."

(Nachrichenblatt der Ev. Kirchengemeinde Berlin-Wilmersdorf, April 1933)

Fahnen wehten über dem Hohenzollernplatz, von den Kirchen ringsum trug der Frühlingswind den Ton der Glocken herüber zur festlich gestimmten Menge, die in weitem Kreise sich um die neue Kirche gesammelt hatte, um an dem feierlichen Akt der Kirchweihe teilzunehmen. Wilmersdorf weihte seine neue Kirche, das imposante Werk Fritz Högers, das in fast zweijähriger Bauzeit errichtet wurde. Schon lange vor Beginn der Feier war die Kirche mit einer andächtigen Gemeinde gefüllt. Draußen warteten unübersehbare Scharen. Tausende und aber Tausende bekannten sich an diesem Ehrentage der Gemeinde zu ihrer Kirche.

Während der Klang der Posaunen vom Dach des angrenzenden Gemeindehauses ertönte, nahmen die Fahnenabordnungen vor der großen Freitreppe Aufstellung, Fahnen der vaterländischen Verbände, an ihrer Spitze die Zeichen der SA und des Stahlhelms, die Fahnen der Kriegervereine, die Banner der kirchlichen Vereine, die Wimpel der Jugendbünde. Dann erschien der lange Zug der Ehrengäste: Mitglieder der kirchlichen Körperschaften trugen die kirchlichen Geräte voran, ihnen folgte, geführt von dem Generalsuperintendenten, die Geistlichkeit im Ornat. Die große Schar der Ehrengäste schloss sich an, unter ihnen Oberbürgermeister Dr. Sahm und Bürgermeister Dr. Franke, zahlreiche Vertreter kirchlicher Behörden, an ihrer Spitze der Präses der Brandenburgischen Provinzialsynode, D. von Gersdorff, und der Präsident des Konsistoriums, Dr. Gensen. Auch die schwedische Gemeinde, durch freundschaftliche Beziehungen mit unserer verbunden, nahm in der Person des Gesandtschaftspredigers Forell teil.

Auf der großen Freitreppe, die zu dem mit Goldmosaik ausgelegten Hauptportal empor führt, fand die Schlüsselübergabe statt, die Fritz Höger mit einem Vorspruch eröffnete. Der Baumeister übergab den Schlüssel dem Generalsuperintendenten, dieser reichte ihn an den Superintendenten des Kirchenkreises, dieser wiederum an den geschäftsführenden Pfarrer weiter. Die Türen taten sich auf und unter den Klängen von Beethovens "Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" bewegte sich der Zug zum Altar.

Einlasskarte zur Grundsteinlegungsfeier

Der Domchor eröffnete die Feier mit einem Weihelied. Dann trat der Generalsuperintendent D. Haendler an den Altar und stellte nach kurzer Ansprache unter Gebet das neue Werk in den Dienst Gottes und seiner Kirche. In vollen Klängen ertönte das Viergeläut der Glocken, mit brausenden Akkorden fiel die Orgel ein, die Gemeinde stimmte den Choral "Sei Lob und Ehr dem höchsten Gott" an. Die Festpredigt von Pfarrer Dr. Schettler knüpfte an dasselbe Wort an, das auf einer Gedächtnistafel in der Kirche stehen soll: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht" (Ev. Matth. 4,4). Mit besonderer Betonung sagte er, dass diese Kirche offen stehen solle, nicht nur dem gebildeten Bürgertum, sondern auch den Armen im schlichten Rock. Alle Unterschiede des Besitzes, des Standes und der Klassen sollten hier ausgelöscht sein. Der Prediger deutete die Symbolik des gewaltigen Bauwerkes. Beide Pole evangelischer Frömmigkeit seien hier symbolisch miteinander verbunden: die trotzige lutherische Glaubenszuversicht: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders!" und die protestantische Mystik: "Die Heimat der Seele ist droben im Licht!" Mit dieser Deutung hob die Predigt die beiden charakteristischen Merkmale des Bauwerkes hervor, seine wuchtige, geschlossene Form, die besonders stark in dem Hauptportal ihren Ausdruck findet, und die wundervolle Gestaltung des Altarraums, auf den die Architektonik des Innern wie zu ihrem Höhepunkt hinstrebt.

Es war ein feierlicher Augenblick, wie nach der Predigt sich Orgel, Posaunen und Glocken mit der Gemeinde vereinigten in dem Jubelgesang "Nun danket alle Gott". Nach der Schlussliturgie, die Pfarrer Ulich hielt, folgte noch eine Ansprache des Generalsuperintendenten an die kirchlichen Körperschaften. Während die Gemeinde langsam das Gotteshaus verließ, klang über die tausendköpfigen Scharen, die draußen warteten, der eherne Klang der Glocken.

Auch am Nachmittag des Einweihungstages stand die Kirche der Gemeinde offen, die erste Taufe in ihr fand statt, und die erste Jugendfeier für die gesamten Jugendbünde unserer evangelischen Gemeinde wurde von Jugendpfarrer Hopp gehalten. Um 6 Uhr füllte wieder eine große Gemeinde zu einem von Pfarrer Teicke gehaltenen Abendgottesdienst die Kirche. Im Rahmen einer künstlerisch reich ausgestalteten Feier wurde am Abend der unter dem Kirchenschiff liegende Gemeindesaal von Pfarrer Lindenmeyer seiner Bestimmung übergeben. Besonderen Widerhall fand das Grußwort von Superintendent Diestel, der mit süddeutschem Humor aus seinen Wilmersdorfer Erinnerungen erzählte. Als er 1905 aus seinem Pfarrdorf in einem abgelegenen Schwarzwaldtal nach Wilmersdorf berufen worden sei, habe er den Wunsch ausgesprochen, dass für den Gemeindebezirk, den er zu übernehmen habe, recht bald eine Kirche gebaut werden möchte. Die Erfüllung dieses Wunsches habe genau 25 Jahre auf sich warten lassen. Jetzt endlich stünde die Kirche da, deren Bau man schon damals plante. Diese kleine Erinnerung war der anschauliche Beweis dafür, wie notwendig Wilmersdorf für seinen Nordbezirk einen Sammelpunkt kirchlichen Lebens brauchte.

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